Für uns war schon ein besonderes Ereignis an diesem Freitag den 14.08.2020 – nach Wochen der Pause, bedingt durch die Corona Pandemie, endlich wieder Kino am Kulturhaus Beucha!
Wir freuten uns auf die zahlreichen Besucher und stellten so viele Stühle raus, wie eben nach Abstandsregel Platz hatten. Die Technik wurde aufgebaut und letzte Absprachen wurden getroffen. Sogar Herr Bauer, Urgestein und ehemalige Filmvorführer des Kulturhauses Beucha, war gekommen um den Vorfilm „Der Augenzeuge“ aus dem Jahr 1970 auf historischer Vorführtechnik zu präsentieren. Dann endlich kam der 3-fache Gong und es ging los. Ich schaute auf die bewegten Bilder aus meinem Geburtsjahr und dachte darüber nach, was 1970 alles bemerkenswert und erwähnenswert war und wie rasant sich die Welt in der verhältnismäßig kurzen Zeit der letzten 50 Jahre verändert hat.
Nach einer kurzen Pause startete der Hauptfilm. Allerdings hatten wir eine Komponente im Ablauf nicht berücksichtigt - das Wetter. Nach wochenlanger Trockenheit hatte sich die Regentrude entschlossen, ausgerechnet an diesem Abend und um diese Uhrzeit exakt auf die Lokation Beucha 19 Liter pro Quadratmeter auszuschütten – passend zu den Szenen im Vorspann, wo Fritzi Haberland unter der Dusche mit dem Wasser spielte und es durch die Finger perlen lies. Während einige Zuschauer noch tapfer ausharrten machten Fred Richter und Erwin Stache dann kurzentschlossen den Vorschlag, den Film am folgenden Abend noch einmal zu zeigen. Das wurde vom verbleibenden tropfnassen Auditorium sehr dankbar angenommen.
Samstag, 15.08.2020 – zu unserer Freude hatten sehr viele der vorabendlichen Besucher erneut den Weg zum Hof des Kulturhauses gefunden. Gleicher Ort, gleiche Zeit, gleiche Szene – Klappe die Zweite, Gong und Filmstart von „Erbsen auf halb sechs“ des Regisseurs Lars Büchel.
Der Film erzählt die bewegende Geschichte von Lilly (Fritzi Haberland) und Jakob (Hilmir Snær Guðnason).
Am Anfang sieht man in einer sehr beeindruckenden Schlüsselszene wie die blinde Lilly vom Sprungturm ins Wasser springt während Jakob zeitgleich mit seinem Auto von einer Brücke ins Wasser stürzt. Bei diesem Unfall verliert der Theaterregisseur für immer sein Augenlicht. Er versucht nun in seinem Leben allein zurecht zu kommen, aber es gelingt ihm nicht. In dieser Phase trifft er auf Lilly vom Rehabilitationszentrum, die überzeugt und gewillt ist, ihm zu helfen, da sie von Geburt an blind ist und Erfahrungen mit einem Leben ohne Sehen hat. Lilly entschließt sich, Jakob auf seiner Reise nach Russland zu seiner todkranken Mutter zu begleiten – entgegen dem Willen ihrer Familie, die sie sehr behütet und jeden ihrer Schritte beobachtet. Auf dieser Reise gibt es sowohl urkomische als auch tragische und Szenen. Ich musste schmunzeln, als Lilly z.B. am Anfang sagt „Wir fahren nach Onega.“ - wenn man sich die unendlichen Weiten des Onega-Sees vorstellt. Auch die „Hotelzimmer“, die man den beiden Blinden offeriert, haben so manche Überraschung in sich. Dann gibt es eine wunderschöne Szene in einem schier endlosen blühenden Rapsfeld, wo Jakob erst Lilly abzuschütteln versucht und dann doch erkennen muss, dass er ihre Hilfe braucht. So lernt er auf dieser Reise sein Schicksal zu akzeptieren. Gemeinsam erreichen sie auch das Ufer des Onega Sees, wo Jakob auf seine todkranke Mutter trifft, die am nächsten Tag an seiner Schulter stirbt.
Die Haupthandlung ist noch mit einer parallelen Handlungen verknüpft, z.B. der Reise von Lillys Mutter mit ihrem Freund, die Lilly zurückholen möchten sowie einer kleinen Geschichte über die „Interessengemeinschaft Sex“ der kleinen Schwester von Lilly. Am Ende erkennt Jakob, dass er Lilly liebt und dass sein Leben auch ohne Sehen weitergehen kann. Lilly weiß nun, dass sie Jakob liebt und löst sich dafür aus der behüteten Umgebung der Familie.
Trotz der wetterbedingten Unterbrechung waren es zwei sehr schöne Kulturfilmabende. Ein ganz herzliches Dankeschön alle Spender und Akteure, die uns bei diesem besonderen Kinoabend unterstützt haben und die uns Mut machen, weitere schöne Filme dieser Art zu zeigen.“
Claudia Kösters